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Bestes Pils Österreichs

Hopfig oder herb - das ist die Frage

Erhöhte Pilsfrequenz: Märzen und Lagerbier sind mengenmäßig die unbestrittene Nummer eins. Doch das Pils bietet der Gastronomie eine hochwertige Ergänzung zu den bestehenden Einser-Produkten. Wie man es einsetzt und davon profitiert, haben wir uns näher angesehen.

Bestes Pils Österreichs
pixabay, Christian Birkholz

Fragt man Betriebswirte nach dem Pareto-Prinzip, so kommt mit ziemlicher Sicherheit (wie aus dem Zapfhahn geschossen) die 80/20-Regel als Antwort: 80 Prozent des Umsatzes können mit nur 20 Prozent der Produkte gemacht werden. Für die verbleibenden 20 Prozent des Umsatzes benötigt man allerdings 80 Prozent der Produkte bzw. des Aufwandes – was auch mit deutlich mehr Arbeit verbunden ist. 

Umgelegt auf die Schank und die Warengruppe Bier bedeutet das: Die Gastwirtin/der Gastwirt macht mit dem "Einser-Bier" (meist einem Märzen) 80 Prozent des Umsatzes. Der Rest kommt von anderen Produkten wie Pils, Weizen, Radler, Alkohol­frei und Co. 

Bierglastypen, Biergläser

Kleine Bierglaskunde: Das beste Glas fürs Pils ist dünnwandig und oben möglichst schmal, das wirkt sich auf Fließgeschwindigkeit und Geschmack aus. Je schmäler das Glas, desto schneller fließt das Bier; außerdem verstärkt das den bitteren Geschmackseindruck (durch die erzwungene Kopfneigung nach hinten), was beim Pils auf jeden Fall erwünscht ist.

Schank-Ökonomie

Doch zurück zu Bier & Pareto: Modernere Ökonomen (als der 1923 verstorbene Vilfredo Pareto) sehen das nicht so extrem. „Nischenprodukte statt Massenmarkt“ lautet für sie die Analyse im Hinblick auf eine sich ändernde (digitale) Ökonomie. Hochwertige Nischenprodukte werden für aufgeklärtere und informierte Gäste deutlich interessanter und können auch hochpreisiger angeboten werden. 

Wie auch immer: Eine These, die die meisten Biertrinker vollinhaltlich unterstützen. Vor allem weil ein gepflegtes Pils in Österreich auf jede Bierkarte gehört, auch wenn es (noch) ein Schattendasein führt. Aktuelle Zahlen weisen dem Pils einen Marktanteil von rund zwei Prozent vom Gesamtbiermarkt aus. Man mag es kaum glauben, aber das ist weniger, als mit Radler umgesetzt wird. 

Dennoch, es spricht nichts dagegen, neben der Hauptsorte auch ein Pils im Angebot zu haben. "Mutige" Gastronomen mögen vielleicht sogar zusätzlich noch ein norddeutsches Pils, ein bayerisches Weizen und ein irisches Stout auf die Karte setzen – quasi als Basisausstattung. Denn: „Der Gast, der kein Bierprofi ist, denkt in Kategorien“, sagen die Profis unter den Biersommerliers. Und meinen damit die mentalen Schemata, vieler Konsumenten, die:

  • bei Weizen an Bayern denken
  • bei Stout an Irland und
  • bei Pils oftmals auch an Norddeutschland.

Vor allem für Betriebe ohne Biersommelier eine gute Lösung. Denn wer die geschmacklichen Schemata seiner Gäste bedient, kann weniger falsch machen. 

ÖGZ Frühjahrsverkostung: Wie schmeckt Pils?

Dass es in Österreich großartige Pilsbiere gibt, ist unbestritten. Deshalb hat sich die ÖGZ (Österreichische Gastronomie Zeitung) dazu entschlossen, diesen Bierstil in den Mittelpunkt ihrer alljährlichen ÖGZ-Frühjahrsverkostung zu setzen. Die angewandten Standards waren dabei prickelnd und klar: hellgoldene Farbe, grasig, trocken schlank, gerne auch rezenter. Denn die österreichische Abwandlung des norddeutschen Pils ist etwas gefälliger, soll heißen: Es ist milder, harmonischer, einfacher abgestimmt und somit trinkbarer.

Das sind die ÖGZ-Sieger in der Kategorie Pils 2022

Uttendorf Pils: Die gastronomische Allzweckwaffe

Der meisterlichen Braukunst in Uttendorf seit 1600 verdanken wir ein Bier von edelster Brauart und feinwürzigem Geschmack. Die Brauerei und der dazugehörige Braugasthof werden mit viel Hingabe seit Generationen von der Familie Vitzthum geführt.
Kostnotiz: Reinweißer Schaum, strohgelb, blank: Schöner kann ein Pils nicht sein. In der Nase floral und zarte Veilchennoten! Dahinter versteckt sich aber trotzdem ein stiltypisches Hopfenaroma. Spritziger Antrunk, kühlende Säure. Geschmacklich dominieren immer Hopfennoten. Perfekt zu hellem Fleisch!
Braugasthof Vitzthum // Pils Vollbier / 4,9 % / 12° www.braugasthof-vitzthum.at

 

Reininghaus: Referenzpils holt ÖGZ-Gold

Die Erfolgsgeschichte von Gösser begann vor 160 Jahren. Auch in Sachen Nachhaltigkeit nimmt Gösser eine Vorreiterrolle ein, seit 2016 ist die Brauerei Göss die weltweit erste 100 % nachhaltige Großbrauerei. Dafür wurde die Brauerei Göss bereits mehrfach ausgezeichnet.
Kostnotiz: Schöne Schaumstabilität, helle, goldgelbe Farbe und strahlend blank. Ein klassischer, wunderbarer Pilsduft – die Hopfenaromatik dominiert. Schlanker Antrunk mit feiner Rezenz. Dominante Bittere, die aber sehr sauber ausfällt und nicht allzu lange nachhängt. Zum Schweinefilet mit Salbei ein Tipp!
Gösser Brauerei //  Reininghaus Jahrgangspils / 4,8 % 11,3° / www.jahrgangspils.at

 

Stiegl: Schlank und mit Tiefgang – Gold

In der Salzburger Privatbrauerei stehen Qualität und perfekter Biergenuss seit jeher im Mittelpunkt. Und weil für Stiegl Bierbrauen bereits im Boden beginnt, widmet man sich auch intensiv dem Thema
Bodengesundheit oder wie man bei Stiegl sagt: Boden gut. Bier gut.
Kostnotiz: Das Auge trinkt mit: blankes, helles Strohgelb, wunderschön! Im Duft Zitronengras und getrocknete Marille. Sehr schlanker Antrunk, der von einem weichen Körper umgarnt wird. Früh gesellt sich die klassische, geradlinige Pils-Bittere hinzu. Im Abgang zart kräuterbetont. Pairing-Tipp: Baguette-Brötchen mit Mortadella. 
Stiegl Brauerei zu Salzburg // Stiegl Pils / 4,9 % / 11,4° www.stiegl.at

 

Jever: Gold für den norddeutschen Klassiker

Als das Friesische Brauhaus zu Jever 1848 von Diedrich König gegründet wurde, war es nur eine von vielen Brauereien der Region. Der neue Eigentümer Theodor Fetköter begann damit, den kleinen Familienbetrieb in eine große Brauerei zu verwandeln, und spezielle Flaschen anzufertigen.
Kostnotiz: Die Nase ist vielversprechend: frischgemähtes Gras, fruchtiger, heubetonter Duft mit bereits präsenter Bittere. Schlanker Antrunk mit dezenten Malznoten. Eine schnelle, sich hinzugesellende Bittere, die markant und am Gaumen leicht kratzig ist. Sauber! Zum kalten Aufschnitt reichen.
Jever // Jever Pilsner / 4,9 % / 11,3°  Vertrieb: www.delfabrokolarik.at

 

Wie kam diese Bewertung zustande? Die ÖGZ lud Brauereien, Importeure und Händler ein, kostenpflichtig Muster einzureichen. Der eingereichte Querschnitt durch das Marktangebot wurde verdeckt verkostet. Austragungsort war die Firmenzentrale des Getränkegroßhändlers Del Fabro in Wien-Simmering. Juroren: Neben Gastgeber und Biersommelier-Vizestaatsmeister Michael Kolarik komplettierten Biersommelière und Beerkeeper-Trainerin Birgit Rieber sowie ÖGZ-Autor und Biersommelier Alexander Grübling die fachkundige Jury. Aus den gesammelten Benotungen wurden die Träger des ÖGZ-Gütesiegels 2022 in Gold ermittelt. © Wolfgang Schmid

Quellen-Nachweise: Bierentdecker, ÖGZ
Bild-Nachweise: Christian_Birkholz auf Pixabay